
Der Reichsarbeitsdienst (RAD) war eine staatliche Einrichtung, die aus dem Freiwilligen Arbeitsdienst hervorging. Das Gesetz zur Arbeitsdienstpflicht wurde am 26. Juni 1935 erlassen. Es verpflichtete alle männlichen und weiblichen Heranwachsenden im Alter von 18 bis 25 Jahren zur Ableistung eines Arbeitsdienstes. Dieser Dienst wurde ideologisch als „Ehrendienst am Volke“ glorifiziert. Dabei wurde die nationalsozialistische Gesinnung, mit der die Arbeit verrichtet wurde, als wichtiger erachtet als die tatsächliche Arbeitsleistung selbst. Die sechsmonatige Dienstzeit diente primär dem Gesinnungstraining und der Erziehung der jungen Menschen im Sinne der nationalsozialistischen Bewegung. Im weiteren Verlauf des Krieges, sank die Zahl der RAD - Abteilungen stetig ab. Deren Angehörige wurden zunehmend an der Heimatfront benötigt, zum Beispiel an den Flakgeschützen im Reichsgebiet. Nach der Kapitulation und dem Ende des NS - Regimes, wurden auch die RAD Abteilungen aufgelöst.
Im Raum Cuxhaven bestand der RAD. aus mehreren Lagern, die ab 1935 eingerichtet und bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs genutzt wurden. Ihre Mitglieder waren vermehrt dem Küstenschutz, dem Deich- Straßen- und Kanalbau, sowie im Krieg der Unterstützung militärischer Aufgaben wie unter anderem Schanzarbeiten zugeführt. Der Bereich Cuxhaven gehörte damals zum RAD-Gau XVII (Hannover/Bremen) mit den Arbeitsgruppen 170–177.
Organisation und Lagerübersicht im Abschnitt Cuxhaven (nach 1937)
| Nummer | Bezeichnung | Standort |
|---|---|---|
| 1/173 | Simon von Utrecht | Sahlenburg (Lohmsmoor) |
| 2/173 | Kapitän Paul König | Stickenbüttel (Brockeswalde) |
| 3/173 | Berend Jakobsen Karpfanger | Insel Neuwerk |
| 4/173 | Wilder Jäger Wode | Ihlienworth |
| 5/173 | Kurfürst Johann Cicero | Osterwanna |
| 6/173 | Dietmar Koel | Bornberg |
| 7/173 | Karl von Holtei | St. Joost (Stintstedt) |
| 8/173 | Altkehdingen | |
| 1/175 | Jürgen Hammerstede | Nordholz-Süd |
Ursprünglich gab es bereits 1932 separate Arbeitsager in Duhnen, Arensch und Neuwerk (die beiden letzteren als Außenposten von Duhnen). 1933 erfolgte eine Konsolidierung der Duhner Außenlager, die zur Einheit 1/170 wurden. Diese Einheit wurde bald darauf nach Groden (Quarantänestation) verlegt, behielten aber ihre Nummer. Eine weitere Reorganisation am 1. November 1934 führte dazu, dass die Standorte Groden und Arensch gemeinsam in Sahlenburg als Einheit 1/170 geführt wurden. Generell erschwert die Umorganisation der unterschiedlichen Einheiten einer korrekten Zuordnung.
RAD-Lager Sahlenburg

Das Lager bestand mindestens seit 1936, ursprünglich unter der Bezeichnung 5/170, später als 1/173 geführt. Es befand sich südlich der heutigen Nordheimstraße (Vorher Nordseestraße) am Lohmsmoor, Leiter war zunächst Obertruppführer Ernst Brose, später Christiansen. Nach 1939 diente das Lager als Unterkunft des Marine-Baubataillons 314 und danach als Unterkunft für russische Kriegsgefangene. Nach 1945 nutzte die German Mine Sweeping Administration (GMSA) die Baracken, die nach 1962 abgerissen wurden.

RAD Lager - Sahlenburg am Lohmsmoor. Das Foto wurde von einem der hölzernen Funktürme von Elbe - Weser - Radio aufgenommen. Im Hintergrund der Wernerwald.
Quelle: Alte Postkarte

Der Eingang 1937, hinter dem Tor die Nordheimstraße.
Quelle: Gerd Wildfang, Foto optimiert mit ChatGPT.

Der Eingang von der Nordheimstraße aus gesehen, vermutlich zu einem späteren Zeitpunkt.
Quelle: Gerd Wildfang, Foto optimiert mit ChatGPT.

Der Innenbereich des Lagers, Sicht zur Nordheimstraße. Links der Feuerlöschteich.
Quelle: Gerd Wildfang, nachoptimiert M.B.

RAD Lager Sahlenburg, Blick nach Nordost. Rechts die Elbe - Weser Funkmasten.
Quelle: Gerd Wildfang, Foto optimiert mit ChatGPT.

Hinweisschild zum Barackenlager.
Quelle: Gerd Wildfang, nachoptimiert M.B.

Das Arbeitsdienstlager Sahlenburg an der damaligen Nordseestraße (Heute Nordheimstraße).
Quelle: Stadtplan Cuxhaven von 1937
RAD-Lager Stickenbüttel/Brockeswalde

Das Lager wurde am 22. November 1934 südlich des Friedhofs Brockeswalde gegründet. Zunächst als 7/170 geführt, erhielt es ab 1936 den Namen 'Kapitän Paul König' und wurde 1937 zu 2/173. Nach 1945 wurden die Baracken von Flüchtlingen bewohnt und teilweise von einer Knopffabrik genutzt. Auf dem Gelände hat heute das städtischen Gartenamt seinen Sitz.

Schild zum Eingang des Lagers Stickenbüttel / Brockeswalde.
Quelle: Gerd Wildfang

Das Lager befand sich direkt hinterm Brockeswald westlich des Friedhofs.
Quelle: Stadtplan Cuxhaven von 1937

Das Lager Stickenbüttel, im Hintergrund der Brockeswald.
Quelle: Stadtplan Cuxhaven von 1937
RAD-Lager Insel Neuwerk

Bereits 1932 bestand auf Neuwerk ein kleiner Arbeitstrupp, ab 1933 gehörte dieser zur Außenstelle des Küstenlagers Duhnen. Am 24. Juli 1934 erfolgte die Einweihung eines eigenen Lagers, 1935 wurde ein Neubau bezogen. Das Lager war bis 1937 als 8/170 und danach als 3/173 geführt. Die Arbeiten umfassten Uferschutz und Landgewinnung, vor allem auf Scharhörn. 1940 war hier zeitweise die RAD-Abt. 1/175 stationiert, nach 1945 verfielen die Anlagen langsam.
Weitere Informarionen zum RAD. Neuwerk

Das Lager befand sich im westlichen Binnendeichgelände der Insel Neuwerk.
Quelle: Stadtplan Cuxhaven von 1937
RAD-Lager Quarantäneanstalt (Groden)
In der ehemaligen Quarantänestation Groden befand sich zeitweise ein RAD-Lager. Ende 1939 war Lagerführer Roggentin, Geschäftsführer Hans Krohn. Ab September 1939 bestand Verbindung zwischen der Flakbatterie Neufeld/Shantung und dem RAD-Lager. Später wurden die Gebäude industriell genutzt (z. B. Hammonia-Blechwarenfabrik, Wäscherei, Schuhfabrik Pinnow).

Das RAD - Lager Groden (Quarantäneanstalt).
RAD-Lager Hadeln - Ihlienworth

1936 wurde in Ihlienworth beim Schöpfwerk das Reichsarbeitsdienst - Lager
4/173 aufgebaut. Es wurde erstmalig durch eine Abteilung aus Crossen an der Oder belegt, die vorher in Grossen an der Oder für den Bau des dortigen Wasserkraftwerkes zuständig war.
Als Hauptaufgabe am neuen Standort, stellte sich nun die Entwässerung des Sietlandes dar. In den Jahren 1937 –1938 wurde hier vor allem auf einer Länge von 7,7 km die Moorwettern begradigt, verbreitert und vertieft. 1940 standen insgesamt vier Mannschaftsholzhäuser vom Typ RL IV/3, ein Verwaltungsholzhaus und ein Wirtschaftsholzhaus auf dem Gelände des Medemverbandes zwischen Emmelke und Medem westlich vom Schöpfwerk.
Nach der Auflösung des Lagers wurde es im 2. Weltkrieg als Lazarett genutzt und ab dem Herbst 1944 in ein Ausbildungslager der Wehrmacht umgewandelt. Dort waren zwei Fallschirmjäger Maschinengewehr-Ausbildungs-Bataillione bis März 1945 stationiert.
An der Stelle des damaligen RAD - Lagers Ihlienworth dteht heute das Pflegeheim
Haus Ihlienworth.

Der Innenhof des RAD - Lagers Ihlienworth.

Drainagearbeiten, im Hintergrund das Schöpfwerk.

Quelle: Flyer 875 Jahre Ihlienworth
RAD-Lager Nordholz

In Nordholz wurden mehrere Abteilungen des Reichsarbeitsdienstes beim Bau des Fliegerhorstes eingesetzt. Ein Barackenlager befand sich in Wursterheide-Süd, ein weiteres im Bereich der heutigen Bahnhofstraße und des heutigen Ostpreußenweges. Das Westlager lag an der Ecke Industrieweg/B6 (L136). Ein weiteres Lager befand sich in der Nordholzer Siedlung, der sogenannten Stahlhelm-Siedlung
Die einzigen verwertbaren Informationen gibt es allerdings über das Lager Süd, es befand sich kurz hinter der Kurve an der
Wanhödener Straße. Das Gelände gehörte damals noch direkt zum Fliegerhorst Nordholz. Die Bezeichnung war RAD-Lager
Jürgen Hammerstede,
175/1. Eingesetzt wurde es hauptsächlich auf dem Flugplatz zum Bau von Startbahnen, Flugzeugboxen, Rollwege, Schanzarbeiten und Errichtung des Marine-Tanklagers. Die vorwiegenden Arbeiten der Abteilung waren in der Regel Erdarbeiten.
Weitere Informarionen zum RAD. Nordholz
Zusammenfassend
Zwischen 1932 und 1945 bestanden im Abschnitt Cuxhaven mehrere RAD-Lager, deren Hauptaufgaben im Deichbau, Uferschutz, der Entwässerung und in der vormilitärischen Ausbildung lagen. Mit Kriegsbeginn wurden viele Lager in militärische Quartiere umgewandelt. Die bedeutendsten Standorte waren Sahlenburg, Stickenbüttel, Neuwerk und Groden.
Nach dem Krieg wurden viele RAD-Baracken in Cuxhaven als Notunterkünfte/Flüchtlingslager bzw. für zivile Nutzungen (z. B. Fabriken, Wäschen) verwendet. Der Abriss vieler Baracken erfolgte erst in den 1950/60er Jahren.


