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Gefechtsschiessen

Wie der Name schon sagt, hatte der Flak-Leiter vom Leitstand 1 das Schießen zu leiten. Waren die Feindflugzeuge ausgemacht, so gab er als erstes den ungefähren Höhen- und Seitenwinkel und die ungefähre Zielhöhe an. Seiten- und Höhenrichtnummer des Meßgerätes schwenkten das Gerät nach diesen Angaben. Hatten sie die Maschinen in ihren Gläsern, meldete der E-Messer "Ziel aufgefasst! Kom-mendes Ziel! "Er hatte die Aufgabe die Entfernung zum Ziel zu messen. War dies geschehen, meldete er : "Eingestellt!"

Die Werte Höhenwinkel, Seitenwinkel und Entfernung gingen auf elektr. Wege an das Rechengerät (Kleinkog C5). Auf Grund der Veränderungsgeschwindigkeiten in den drei Bereichen wurden durch das Rechengerät die Trefferwerte ermittelt. Diese wurden dann ebenfalls elektr. an die Geschütze gegeben.

An den Geschützen hatten die Seiten- und Höhenrichtnummern nach dem Folgezeigersystem das Geschütz zu richten. Die Entfernung war in Zünderstellzeit umgerechnet und wurde an der Zünderstellmaschine eingestellt.

Durch Einlegen der Flak-Granaten in die Zünderstellmaschine und das maschinelle Einstellen des Zünders, waren die letzten Vorbereitungen getroffen. Die Ladenummer schob dann die immerhin 26,5 kg schwere Granate (Patronenmunition) ein. Auf Zeichen des Flak-Leiters (Hupton) zog der Geschützführer ab. So wurden in dem Augenblick alle 4 Geschütze der Batterie abgefeuert (eine Salve). Bis zum nächsten Abfeuern standen an Zeit nur 5 Sekunden zur Verfügung (Salventakt). Die Hülse wurde ausgeworfen, durch den Hülsenfänger geborgen und die folgende Granate wurde geladen.

Bemerkung: Man schoss also dorthin, wo das Flugzeug bei Beibehaltung der Geschwindigkeit, des Kurses und seiner Höhe dann voraussichtlich sein müsste. Bedenkt man dabei, daß das Rechengerät die Werte errechnete, dann der Salventakt 5 Sek. ausmachte ‚dazu die Zünderstellzeit gerechnet werden musste, so kann man ermessen, wie schwierig das Schießen auf bewegliche Luftziele ist. In 25 Sekunden kann sich vieles ändern!


Harald Schönemann


Am Geschütz

Eine Geschützbedienung war ein eingespieltes Team, würde man heute sagen. Während die Höhen- und Seitenrichtnummer von den Marinehelfern besetzt waren, hatten die Artilleristen die Zünderstellmaschine und die Stationen, die mehr körperliche Kraft in Anspruch nahmen. Die Russen waren als Munimänner (Munitionsmänner) eingesetzt. Sie hatten die Aufgabe, die immerhin 26,5 kg schweren Granaten herbeizuschaffen. Der Vorrat an Munition für das Schießen war in den Abseiten des Geschützes verbunkert, also in der Nähe griffbereit. Der Vorrat für die gesamte Batterie belief sich zwischen 5 000 bis 6 000 Granaten, die in den Kasematten und in den Geschütztürmen lagerten.
 
Jeder Geschützführer setzte seinen Ehrgeiz darein, daß die Bedienung möglichst schnell auf der Gefechtsstation war und die "Klarmeldung” an den Leitstand gehen konnte. Je präziser der Ablauf des Geschützexerzierens war, umso schneller konnte die Feuerfolge sein (Beim Saventakt und vor allem beim Sperrfeuer). So musste jeder Handgriff sitzen.
 
Ebenso war es auf den Leitständen. Feste Ziele wurden angemessen. Beim Übungsschießen auf Seeziele mußte die von einem Schlepper gezogene Scheibe so schnell als möglich und mit möglichst wenig Munition getroffen werden. Übungsmäßiges Luftzielschießen wurde während des Krieges äußerst selten durchgeführt. Wohl flog manchmal eine W 34 in unseren Bereich. Sie wurde dann vom Leitstand angemessen, vom Rechengerät ausgewertet und dann wurden die Geschütze nach den Werten ausgerichtet. Geschossen wurde nicht.

Harald Schönemann


Einsatz in der Nacht

Als Marinehelfer waren wir erst vor kurzer Zeit in die Batterie gekommen und unsere Ausbildung an den Geschützen oder am Leitstand war noch nicht abgeschlossen. Da wir noch nicht eingesetzt werden konnten‚ kamen wir uns fast überflüssig vor. In einer Nacht aber ging es besonders hart her. Langer Alarm, viele Einflüge und etlicher Beschuß durch die Batterie. Der Munitionsverbrauch war sehr groß und die Granaten‚ die man um die Geschütze verbunkert hatte, waren fast verbraucht. Wir erhielten daher den Befehl, die notwendige Munition aus dem Bunker unterhalb des Leitstandes 2 an die Geschütze zu bringen. So mussten wir die schweren Granaten auf der Schulter fast 100 m bis an die Geschütze schleppen. Das war eine schweißtreibende Arbeit, aber sie musste ja getan werden.
 

Hans Jürgen St.


B.Ü.-Wache

Zu unseren alltäglichen Aufgaben gehörte auch die B.Ü.-Wache.B.Ü. bedeutete Befehlsübermittlung. Diese Wache war unterhalb des Leitstandes 1 (dem Dreiwag) und hatte die Verbindung zum Stab, aber auch innerhalb der Batterie sicherzustellen. Andere Aufgaben waren die Aufnahme der Baltameldung (eine detaillierte Wettermeldung, die vor allem die Windgeschwindigkeiten in den verschiedenen Höhen beinhaltete). Diese Meldung war im Falle eines Einsatzes sehr wichtig, denn nach diesen Werten konnten die vom Rechengerät ermittelten Vorhalte vom Flakleiter korrigiert werden. Ebenfalls musste die eingehende Meldung über jedes Flugzeug, das den Luftraum der Elbmündung berührte, an die Ausgucks der Batterie weitergemeldet werden. So z.B. nach Angabe der genauen Uhrzeit: "Eine Me 109 auf dem Flug von Jever nach Jagel."
 
(Balta Meldung =Ballistische Tagesmeldung)


Harald Schönemann


Störung des FUMGs und Sperrfeuer

Betroffen waren wir alle durch ein Erlebnis, das zunächst uns allen unerklärlich erschien, aber dann doch gelöst wurde. In einer Nacht hatten wir mit dem FUMG (Funkmessgerät-Prinzip der Radarmessung) einen Verband feindlicher Flugzeuge ausgemacht und beschossen. Es hatte den Anschein, als ob die Maschinen sich in der Luft nicht von der Stelle bewegen würden. So schoss die Batterie im 5 Sek. Salventakt 50 Salven d.h. 200 Schuss auf das gemessene Ziel. Der Erfolg blieb aus. Erst am anderen Morgen sollte sich alles aufklären. Die Flugzeuge hatten das erste Mal Stalinolstreifen in großer Menge abgeworfen und damit die Messungen des Funkmessgerätes gestört. Ein Obergefreiter unserer Batterie machte sich Gedanken darüber, wie man die feindlichen Flugzeugverbände von ihrem Kurs abdrängen könnte. So entwickelte und errechnete er zwei Systeme des Sperrfeuers, die auch nach der Prüfung durch den Batteriechef und den Kommandeur für unsere Batterie zum Einsatz kamen. Das eine wurde angewendet bei einem direkten Anflug und hatte den Codenamen "Lili Marleen“. Das andere "Blauer Engel" wurde im Falle eines Vorbeifluges geschossen. Über den Erfolg, das heisst über die Abschüsse, der einzelnen Batterien gab es sehr oft rivalisierende Auseinandersetzungen, soweit wir als Marinehelfer von diesem unterschwelligen Streit erfuhren. Bei einem Direktabschuß, der bestätigt werden musste, gab es die höchste Punktzahl. Weniger bei einer Abschußbeteiligung. War eine Anzahl von Punkten erreicht, so wurden der Batterie einige Flakabzeichen zur Verleihung überlassen. War ein Direktabschuß zu verzeichnen wurden auch E.K.s verliehen. Über Verteilung und Verleihung entschied der Kommandeur.

Harald Schönemann


Der Versager

Damit ist keineswegs "Schünemann" gemeint, wie er kurz und knapp unter uns Marinehelfern genannt wurde. Dienstlich hieß er: "Herr Stabsfeldwebel”, der alte, bärbeißige, einzige echte Cuxhavener in der Batterie, außer uns Jungs, respektiert aber auch geliebt. Er war schon so lange in der Batterie, daß er fast zum Inventar gehörte....und er war unser Geschützführer!
 
Der "Versager" machte allen klar, daß er kein Versager war.
 
Und das kam so...
 
Nächtlicher Alarm und die Batterie schoß voll aus allen Rohren. Das Schießen lief ab wie eine Routineangelegenheit. Plötzlich aber, der Geschützführer zog ab... und nichts geschah... Der Schuss löste sich nicht!...“Versager!" Das hatten wir Marinehelfer noch nicht erlebt. Aber bei den "alten Hasen“ am Geschütz gab es keine Aufregung. Nach einigen Sekunden des Abwartens kam der Befehl: "Nachspannen!” Der Schlagbolzen wurde von Hand gespannt. Abermals zog der Geschützführer ab. ...wieder nichts..."Versager... Nachspannen!“ Dreimal das gleiche Spiel, während die anderen Geschütze weiterfeuerten. Der Schuss ging nicht los! Was nun?
 
Jeder Zivilist hätte vor Angst abgewartet. Aber nicht so bei der Flak. Sofort folgte das Kommando : "Verschluß öffnen!" Die Ladenummer, ein Russe stemmt den Hebel nach oben, der Verschlußkeil geht nach unten und die Auswerferkrallen werfen die Kartusche samt Granate nach hinten aus. Allerhöchste Gefahr, denn jeden Augenblick kann das Ding doch zünden. 
 
Aber Schünemann, nicht etwa ein Russe steht schon bereit, fängt die Patrone behutsam auf und trägt sie wiegenden Schrittes, wie ein Baby in seinen Armen hinaus. Und doch als er schon draußen ist, erwarten wir noch jeden Augenblick ein furchbares Krachen... Doch nichts geschieht! Schünemann hat die Patrone im Gras abgelegt, kommt äußerlich seelenruhig wieder ins "Dritte", und die Schießerei geht weiter.
 
Hätte die Patrone noch unter dem Deckenschutzschild gezündet, wir wären alle in die Luft geflogen. Schünemann aber stieg kometenhaft in unserer Achtung, ein Versager war der bestimmt nicht.  

Harald Schönemann


Alarmstufen

Zur Alarmierung der Batterie gab es verschiedene Stufen:


KWR = Kriegswache Ruhe -(normaler Zustand, bzw. nach dem Einsatz "Entwarnung" bedeutend d.h. Übergang zum alltäglichen Dienstbetrieb,-nachts "Wegtreten zur Nachtruhe").

EKW = Eingeschränkte Kriegswache (Feindflugzeuge sind im weiteren Bereich, die Möglichkeit des Einfluges in unseren Raum besteht).

KWA = Kriegswache Achtung (Feindflugzeuge steuern die Deutsche Bucht an. Wenn sie nicht abgedreht waren, gab es meistens kurz darauf

Alarm = Alle Mann auf Gefechtsstation, Einflug in unseren Bereich.

Alarm wurde normalerweise durch die Alarmklingeln‚ die in jeder Unterkunft und in der ganzen Batterie zu hören waren, gegeben. Die Zivilbevölkerung in den nahegelegenen Häusern konnte dies nicht hören.

Wenn sich Batterieangehörige im Watt, im Außendeich oder im weiteren Umfeld der Batterie aufhielten, wurde die Batteriesirene auf dem Leitstand 1 vom dortigen Ausguck ausgelöst und Alarm gegeben.

Bei Alarm war es die Pflicht eines Jeden, auf dem schnellsten Wege sein Geschütz bzw. seine Gefechtsstation aufzusuchen. (Nachts – Anziehen - Dauerlauf los. Jeder Geschützführer wollte möglichst früh seine "Klarmeldung" abgeben.


Der erste Abschuß der Batterie Kugelbake 1939

Am 1.September 1939 hatte die Batterie um 03.38 Uhr generelle Feuererlaubnis erhalten. Schon am nächsten Tag gingen die ersten Feindmeldungen ein. Die Ausgucks waren Tag und Nacht auf dem Posten und hatten die Ferngläser an den Augen. Am 4.September war der Batteriechef mit der Freiwache zum Baden an den Strand gegangen. Man wollte das gute Wetter ausnutzen. Plötzlich kam der Läufer aus der Batterie und meldete dem Chef: "Erhöhte Alarmbereitschaft!“ So schnell man konnte, lief man in die Batterie. Nach kurzer Zeit waren der Leitstand sowie die Geschütze besetzt und hatten ihre "Klarmeldung" abgesetzt. Um 18.24 Uhr wurden drei Wellington-Bomber elbabwärts aus Richtung Nord in Marsch auf Cuxhaven gemeldet und gesichtet. 18.25 Uhr eröffnete die Batterie Kugelbake das Feuer. Durch eine Rechtsverbesserung hatte sich der Flak- Leiter, Obermaat Renner, an das Ziel "herangearbeitet" und nach der Beobachtung musste ein Treffer erzielt worden sein. Um 18.27 Uhr war das Feuer eingestellt. Tatsächlich hatte der Bomber einen Treffer erhalten und war so stark beschädigt, daß er bei dem Feuerschiff "Elbe 1” niedergehen mußte. Von der Flugzeugbesatzung wurde nur ein Feldwebel lebend geborgen. Seine Aussagen bestätigten den Treffer. So erhielt die Batterie Kugelbake den ersten Abschuß der Küstenflak an der Nordsee zugesprochen. Doch wie sah es in den wenigen Minuten des Schießens in der Batterie aus! Die Soldaten trugen Sportzeug und mehr oder weniger zivilistische Kleidungsstücke. So waren sie im Leitstand und an den Geschützen.Teils waren ihre Hosen noch vom Baden naß. Der Batteriechef stand auf der Böschung des 3.Geschützes mit Anzug: Badehose, Mütze und dem später hinzugebrachten Wattenrock. Für die ganze Batterie war es ein großer Tag, als am 11.Oktober der kommandierende Admiral der Nordsee, Admiral Schulze dem Feldwebel Renner das EK2 überreichen konnte.

Aus der „Chronik der Batterie Kugelbake“ 1940.  

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