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Episoden aus dem Batterieleben

Ein Blick zurück lässt uns erkennen, in welcher Lage wir Jungen waren. Gestern noch Zivilisten und Jungen, heute Soldaten und Erwachsene. Ein Einbruch, wie er größer nicht sein kann. Jeder empfand dieses Hineingestoßen werden in einen anderen Lebensabschnitt verschieden. Hilfe wurde uns in dieser Situation von keiner Seite gegeben. Sensibel sein zählte nicht. Jeder musste auf seine Art mit dem, was auf ihn zukam fertig werden.
 
Wir kannten die Sprache der Schule mit ihren Forderungen, die eine klare Formulierung erwartete und ein durchdenken vor jeder Äußerung. Nun standen wir plötzlich in der Welt der Marine mit ihrer eigenen Sprache, eigenen Begriffen, Redewendungen und Äußerungen. Auch die Rituale waren uns unbekannt. Begriffe wie "Landgang","Klarmeldung" und "Reinschiff" oder Abkürzungen wie "U.v.D. "B.Ü." oder "VO " und Redewendungen wie "sich verholen", "Nachschlag fassen” und "über den Zappen hauen" waren uns fremd.
 
Aber auch der Ablauf gewisser Dinge hatte ein Ritual. Bekam man einen Befehl, so hatte man ihn möglichst wörtlich zu wiederholen, ihn auszuführen und dann die Ausführung wieder zu melden.
 
Der Marinehelfer P. hatte in diesem Sinne ein eigenartiges Erlebnis: Oberfeldwebel G. gab ihm, da er zum ersten Mal M.v.D. (Marinehelfer vom Dienst) war, den Befehl daß er dem Geschützführer J. mitzuteilen habe, er solle sich auf dem schnellsten Wege auf der Schreibstube meiden. P. wiederholte den Befehl zur Zufriedenheit des Oberfeldwebels und "flitzte los”, richtete alles aus und kam zum Oberfeldwebel zurück und meldete: "Obergefreiten J. Bescheid gesagt!"-Daraufhin lief der Oberfeldwebel rot an und brüllte: "Wenn jemand einem Obergefreiten Bescheid sagt, dann bin ich es! Verstanden?" Verdattert stand Marinehelfer P. da, denn er wusste nicht ‚daß "Bescheid sagen" lautstark maßregeln bedeutete. So sagte in diesem Augenblick der Oberfeldwebel ihm "Bescheid". 


Geschützführer mit Marinehelferinnen und Marinehelfern. Rechts die Kugelbake, links leichte Flak-Ost.

v.r.n.l. Marinehelfer: Schönemann, W.Stüwe, H.H.Brandt, A.Behr, W.Amelung, Mencke, K.Junge, H.J.Stache, H.G.Poh|mann, W.Jelting, W.Schmidt, W.Dittmer


Es gibt uns aber.........

Wir hatten Landgang und waren zu dritt auf der Rennbahn, der Deichstraße. Plötzlich stehen vor uns ein Leutnant und ein Fähnrich und reden uns an: "Wie kommen Sie dazu mit der Bordmütze (dem Schiffchen) an Land zu gehen? Zu welcher Einheit gehören Sie?". Nach einem Palaver und nach dem Vorzeigen unserer Ausweise, guckten sie sich verdutzt an und einer fragte den anderen: "Hast Du schon mal was von Marinehelfern gehört?" Damit war die Sache für sie erledigt.
Hans S.


Noch mal glimpflich davongekommen....

Beim Landgang war mir die Uhr stehengeblieben und ich kam ca. 20 Minuten zu spät in die Batterie. Rad um die Ecke stellen, in der dunklen Baracke ausziehen, Zeug verstauen, in die Koje und "toten Mann“ spielen das war alles eins. Es dauerte nicht lange und der U.v.D. kam herein und machte Licht. Wir wachten alle verschlafen auf. "Ist der Marinehelfer Sch. hier?*--"Der ist vor zwei Stunden vom Landgang zurückgekommen“, rief einer geistesgegenwärtig aus der Ecke.
 
Nach der Urlaubskarte gefragt, tat ich ganz überrascht, suchte in meinem Zeug und gab dem U.v.D. die Karte. Der knurrte "Schlamperei” und ..."müsste man eigentlich Meldung machen". Da er aber wusste, daß das wieder für ihn zusätzliche Schreiberei und Unannehmlichkeiten bedeutete, unterließ er es.....und ich war nochmal glimpflich davongekommen.
Harald Schönemann


Vorsicht! Wer hört mit?

Im Gemeinschaftsraum stand ein Pulk Marinehelfer und äußerte sich lautstark und missbilligend über die HJ und auch über die Partei:"...wollen uns nur bevormunden",.." wenn man sie wirklich braucht, sind sie nicht zu finden....und in Bezug auf einen gerade erschienenen Zeitungsartikel über intensive Betreuung der Marinehelfer durch die HJ. "...lügen sich was zusammen ....und haben keine Ahnung, wie es bei uns zugeht” Auf jeden Fall machte man sich richtig Luft. Der Batterie-Chef Kollander war unbemerkt von allen hereingekommen und sagte; man sollte vorsichtiger mit seinen Äußerungen sein....und im Übrigen hätte er von dem Gespräch nichts gehört.
Horst St.


Keiner wollte tauschen......

Ich hatte das MG. Nordtor. Kam Alarm, so musste ich mich ganz besonders warm anziehen, denn der Stand war ungeschützt und ziemlich frei, so war ich Wind und Wetter ausgesetzt. Man konnte im Vornherein nicht wissen, wie lange der Alarm dauern würde, so war das warme Zeug wichtig. Mit dem MG astete ich dann zu meinem Stand und gab meine Klarmeldung. Meistens war ich in dieser Situation das Schlußlicht. Aber keiner wollte mit mir tauschen.
Karl-Heinz G.


Schweißtreibende Arbeit

In der Mitte des Jahres 1943 wurden von der RAF die ersten großen Bombenangriffe auf Hamburg geflogen. Die englischen und amerikanischen Flugzeuge nahmen dabei die Elbe, die man bei Mondschein als silbernes Band aus der Luft ausmachen konnte, als Wegweiser. Wir hatten in dieser Zeit viel Alarm keine Nacht verging ohne 4 bis 5 Stunden Bereitschaft. Als dritter Schub der Marinehelfer waren wir erst vor kurzer Zeit in die Batterie gekommen und unsere Ausbildung an den Geschützen oder am Leitstand war noch nicht abgeschlossen. Da wir noch nicht eingesetzt werden konnten, kamen wir uns fast überflüssig vor. In einer Nacht ging es besonders hart her. Langer Alarm, viele Vorbeiflüge, etlicher Beschuß durch die Batterie. Der Munitionsverbrauch war groß und die Granaten ‚die man um die Geschütze verbunkert hatte, war fast verbraucht. Wir erhielten daher den Befehl, die notwendige Munition aus dem Bunker unterhalb des Leitstandes II an die Geschütze zu bringen. So mussten wir die Granaten auf der Schulter fast 100 m bis an die Geschütze schleppen. Das war eine schweißtreibende Arbeit, aber sie musste ja getan werden.
Hans-Jürgen St.


Ein Missgeschick

Das Schlimmste, was einer Seitenrichtnummer am Geschütz oder am E-Messgerät passieren konnte, war, daß man das Gerät mit Schwung in die Endlage fuhr. Einem unserer Marinehelfer geschah dies während einer Feuerleitübung. Er fuhr so heftig in die Endlage, daß der Flak-Leiter, der nicht darauf gefasst war, die Balance verlor und beinahe hinfiel. Das folgende Donnerwetter war gewaltig. Der Flak-Leiter machte ihn "zur Schnecke" und schickte ihn an eines der Geschütze. Wenn die beiden sich im Batteriebereich begegneten, grollte der eine und der andere bekam einen roten Kopf.
Harald Schönemann 


Die Unterhaltung

Obermaat Hummel, den die Marinehelfer "Tommyschreck" auf Flak-Ost nannten, hatte seine eigene Vorstellung von Unterhaltung. So fragte er einmal den Marinehelfer M.: "Was sind das für flache, düne Teller im Außendeich?", "Kuhfladen, Herr Obermaat ”Richtig!...und was sind das für grüne runde Äpfel auf der Straße?" "Pferdeäpfel Herr Obermaat, "Richtig! und was sind das für rosinengroße Marmeln im Wald?", "Hasendreck, Herr Obermaat", "Richtig....... und wie hoch ist der Kilimandscharo?", "Weiß ich nicht, Herr Obermaat", "So hab ich mir doch gleich gedacht, daß man sich mit Ihnen nur über Scheiße unterhalten kann, ....damit war das Examen und die Unterhaltung beendete.
Martin M.


Bild rechts:
Marine - Artilleristen der Batterie Kugelbake


Leckeres Etwas

Als unser Ausbilder, Obergefreiter Kähler, Weihnachten 1943 ganz plötzlich über die Festtage Urlaub erhielt, meinte er beim Verlassen der Baracke zu Marinehelfer V. “Meine Mutter und meine Frau haben hierher schon ein Weihnachtspaket abgeschickt. Wenn es ankommt, soll es geöffnet werden und alle verderblichen Sachen sollen rausgenommen und gerecht verteilt werden". Die Pakete kamen an, sie wurden geöffnet und Kuchen, Printen Kekse und Marzipan aufgeteilt und vernichtet. Im Inhalt befand sich auch noch etwas Geräuchertes, man hätte es aufbewahren können. Auf den Tisch gelegt‚ schnitt man es in Scheiben und verteilte es. Keiner wusste, was es war, aber es schmeckte lecker. Als Kähler nach dem Urlaub wieder in die Batterie kam, fragte er nach der geräucherten Gänsebrust...... und mit eins wussten alle, was uns so gut geschmeckt hatte.  
Harald Schönemann


Die Absetzung

Marinehelfer A. war "Marinehelfer vom Dienst" und steht bei der Wache, als der Batteriechef und der Abteilungskommandeur, ein Kapitän, über die Brücke kommen. Ganz vorschriftsmäßig meldet er: "Marinehelfer A. meldet: Auf der Wache keine besonderen Vorkommnisse" Der Kapitän grüßt und will weitergehen, da sieht er, daß eine Gruppe Marinehelfer den Hang hinaufkrabbeln müssen und ein Obergefreiter sie hin- und her scheucht. Er lässt sich vom Batteriechef den Namen geben und will den Obergefreiten später sprechen. Über das dann stattfindende Gespräch fehlt jede Information......... aber Kähler wurde "seines Amtes als Ausbilder der Marinehelfer enthoben. Neuer Ausbilder war der Gefreite Döring.
Harald Schönemann


Bildung ........ so nicht

Bei einer morgendlichen Musterung der Batterie wird der Gefreite Holzleitner unvorbereitet vom Batteriechef gefragt: "Holzleitner, kennen Sie Goethe?" "Nein, Herr Oberleitnant”. Die Belehrung folgte: "Goethe war ein großer Dichter und hat den Faust geschrieben“. Nach Tagen fragt der Batteriechef zur Kontrolle: "Holzleitner, wer war Goethe?" "Goethe war ein Dichter und hat die Faust geschrieben, Herr Oberleitnant!"
Harald Schönemann


Ungewollte Quarantäne

Auf der Stube 22 in der Baracke lagen die Marinehelfer Amelung, Harupa, Dittmer, Schmidt, Müller, Meinecke und Pohlmann. Eines Tages stellt sich heraus, daß M.H.Müller Scharlach hat. Sofort wird die ganze Stube unter Quarantäne gestellt. "Jonny",so war der Spitzname des MH.Schmidt, kam gerade vom Landgang zurück und erfuhr die Neuigkeit lautstark aus dem Fenster. MH. Dittmer bat ihn ‚da er ja nicht herein dürfe, seinen Eltern eine Tasche mit Wäsche zu bringen und warf sie aus dem Fenster. Der Spieß Matthäus kam "zufällig‘ um die Ecke, übersah sofort die Situation und schickte den verdatterten, unschuldigen "Jonny" mit in die Quarantäne. 
Harald Schönemann


Unterkunft und Freizeit

Wir hatten als Marinehelfer eine Baracke als Unterkunft, die außerhalb des Batteriegeländes lag und zwar zwischen dem Leitstand II und dem Haupttor. Kam Alarm, so stiegen wir in unsere bereitliegenden Overalls und flitzten los, hinein in das Haupttor und dann durch den überwölbten Gang, der zum Batteriehof führte. Die nägelbeschlagenen Soldatenstiefel dröhnten in dem Gewölbe und so entstand ein gewaltiger Lärm. Am Ausgang verteilten wir uns je nach der Gefechtsstation. Oft waren wir vor den Artilleristen am Geschütz, obwohl die einen wesentlich kürzeren Weg hatten. Ihre Unterkunft war ja innerhalb des Batteriegeländes.
 
Wenn wir nach einem nächtlichen Schießen wieder in unsere Baracke kamen, lagen unsere Wandbilder auf dem Fußboden. Ebenso unser Radio, der sogenannte Volksempfänger. Meistens wurde bei Alarm vergessen, ihn vom Bord herunterzunehmen. Erstaunt waren wir jedesmal, wenn wir ihn zurückstellten und erneut die Musik des DTU, des Deutschen Tanz-und Unterhaltungsorchesters zu hören bekamen. Der Apparat schien uns unverwüstlich zu sein.
 
Unser Essen war gut und reichlich. Hatten wir großen Appetit und das kam in unserem Alter oft vor, so konnten wir beim Koch immer mit einem Nachschlag rechnen. Hatten wir nachts Alarm und waren längere Zeit auf Gefechtsstation, so gab es für die Artilleristen zusätzlich Tabakwaren und für uns 50 g Zuckerzulage. Die dann entweder als Zucker oder Süßigkeiten, wie Bonbons oder sogar als Lutschstangen ausgegeben wurden. Abgeholt wurden diese Zulagen aus dem Lager der Fischhalle 9.
 
Die freie Zeit innerhalb der Batterie, deren Gestaltung wir selbst bestimmen konnten, war rar. Wir durchstöberten die alten unbenutzten Kasematten und kannten bald jeden Winkel. Manchmal benutzten wir auch den einzigen Kahn, der im Batteriegraben lag und eroberten damit die Umgebung. Trotz des Schießens nisteten im Schilf und am Ufer des Grabens Wasser- und Singvögel. Der nördliche Teil des Gewässers war mit Tarnnetzen überspannt. Sie sollten die Möglichkeit einer Orientierung aus der Luft erschweren. 
Harald Schönemann


Das zerstörte Versteck 

Zwei der Marinehelfer hatten sich ein kleines Versteck am jenseitigen Ufer gebaut. Mit viel Mühe hatten die beiden Äste und Zweige herbeigeschafft, um sich den kleinen Unterschlupf zu bauen. Jedoch erlebten sie eines Tages eine große Enttäuschung, alles war weggeräumt. Grund dafür war folgendes: Der Oberfeldwebel Sch..., der für die Russen verantwortlich war, hatte sie mit einem Karren zum Feuerholzsammeln losgeschickt. Auch er war erstaunt, dass sie in kürzester Zeit so viel zusammengetragen hatten. 
War es draußen regnerisch oder kalt, so traf man sich zum Tischtennis im Gemeinschaftsraum der Stabsbaracke, ernsthafte Turniere wurden veranstaltet. Manchmal guckten die Erwachsenen erstaunt, wenn die Jungen schneller und geschickter waren. Das Spiel wurde rasch unterbrochen, wenn sich Maat S. ans Klavier setzte. Sein Repertoire enthielt u.a. "Meine kleine Mama, die ist aus Yokohama...", "Lili Marleen* und "Heimat, deine Sterne". Doch meistens "verhottete" er, wie wir sagten Operettenmelodien und Schlager. Wenn er gut aufgelegt war, machte er sogar ein kleines Wunschkonzert. Alles ohne Noten - so improvisiert.
Harald Schönemann


Die Aufführung 

Anlässlich eines Kameradschaftsabends sollten wir Marinehelfer auch etwas darbieten. Wir setzten uns zusammen und beratschlagten. Schließlich stand fest, diejenigen, die noch nicht zu sehr im Stimmbruch waren, sollten auf der Bühne "Heimat, deine Sterne "singen. Damit dies auch recht stimmungsvoll wirken konnte, hatten wir folgendes ausgedacht. In der Mitte der Bühne sollte ein Holzstoß aufgebaut werden, darunter eine Glühbirne mit rotem Seidenpapier. Bei der Aufführung im vollen Saal, wir hatten gerade die erste Strophe gesungen qualmte der Holzstoß, denn das Seidenpapier war durch die Hitze der Birne entzündet worden. Sofort löschen! - Dennoch war es ein gelungener Abend.
Harald Schönemann


Ein Bad mit Folgen 

Wenn der Wettergott es gut meinte, spielten wir im Außendeich der Grimmershörnbucht Fußball. Bei einem solchen Spiel, es war schon sehr kaltes Herbstwetter, schoss jemand den Ball in Richtung Steinkante. Er sprang noch einmal hoch und lag dann im Wasser. Der Marinehelfer P.A. sprang hinterher und schwamm eine kurze Strecke‚ erreichte den Ball und kam durchgefroren wieder an Land. Trotz des Abtrocknens und des Aufwärmens hatte dies Bad als Folge eine Lungen- und Rippenfellentzündung, die im Lazarett am Elfenweg auskuriert werden musste.
Harald Schönemann


Ehe man sich versieht .....

War man zum Stubendienst eingeteilt, so musste man auch den in der Stube stehenden Ofen heizen und dafür sorgen, dass es warm war. Dazu gehörte natürlich auch das Herbeischaffen des Heizmaterials. Ich war wieder mal dran. So machte ich mich mit 2 Eimern auf den Weg zum Kohlenbunker, um Kohlen und Briketts zu holen. Zurück gekommen machte ich ‚beide Eimer in den Händen mit dem Ellenbogen die Tür auf und sehe, daß die Kameraden im Liegestütz "pumpten'. Darüber musste ich lachen und sagte: "Was macht Ihr denn da für einen Blödsinn?" Daraufhin erhielt ich vom Obergefreiten Kähler, der in der Ecke stand einen gewaltigen Anpfiff, musste die Eimer hinstellen und sofort mit pumpen, ohne dass ich wusste "Warum?".
Horst St..


Landgang und seine Probleme 

Hatten wir Landgang, d.h. Urlaub, so mussten wir unsere blaue Marineuniform anziehen. Dabei gab es meistens Probleme z.B. beim Binden der Fliege, die sauber und ordentlich über dem Knoten sitzen musste. Vom allzu langen probieren wurden sie leicht "schmuddelig’ und wenn man es eilig hatte, ging vor Aufregung alles daneben. Einige von uns versuchten es mit sog. "Mogelfliegen", die man einfach mit einem Gummiband überstreifen konnte. Damit wurde man aber vom U.v.D. bei der Musterung zurückgeschickt und bekam nicht sofort seine Urlaubskarte.
 
In Bezug auf die HJ-Armbinde hatten wir mit der Zeit eine Lösung gefunden. Wir befestigten sie einfach mit Druckknöpfen. Nach dem Verlassen der Batterie wurde die Armbinde schnell gelöst und in die Tasche gesteckt. Wenn wir schon die Aufgaben der Soldaten erfüllten, dann wollten wir auch als vollgültig dastehen und nicht als kleine Hitlerjungen. Das ging so lange gut, bis man dahinterkam. Die Militärpolizei hatte die Hände mit im Spiel. So durften wir dann nur "an Land" gehen, wenn die Armbinde festgenäht am Ärmel saß. Eine weitere, wenn auch einmalige Schwierigkeit für uns war das Knotenbinden. Der kleine blaue Streifen hatte exakt diagonal zu laufen. Nach stundenlangem Üben bei den "alten Hasen", denen man für ihre Mühe einen anderen Gefallen tat, gelang es und man war froh und atmete auf.
 
Nach längerer Dienstzeit wurden wir zu Marineoberhelfern befördert. Die Änderung der Uniform bestand daraus, dass der Ärmelstreifen "Marinehelfer" eine Einfassung mit goldener Litze bekam. Da keine vorgefertigten Streifen zur Verfügung standen, sollten wir die Litze selbst kaufen und sie annähen. 3 mm sollte sie breit sein. Leider hatte das Uniformgeschäft in Cuxhaven nur 9 mm Litze.
 
Nach dem Annähen und dem ersten Landgang kamen einige lachend in die Batterie. Im halbdunkeln, es war ja überall Verdunkelungspflicht, hatte man sie für Offiziere gehalten und gegrüßt.
Harald Schönemann


Widersprüchliches ... 

Die Marinehelfer Po und Hans S. hatten Landgang. Nach kurzer Beratung wurde beschlossen, ins Kino zu gehen. Doch der Film, der gerade im "Gloria-Palast" gezeigt wurde, hieß "Ich vertraue Dir meine Frau an“ und war nicht jugendfrei, also erst ab 18 Jahren zugelassen. Obergefreiter Brockmann und zwei andere Artilleristen aus der Batterie standen ebenfalls vor der Kasse. So nahmen sie die Mützen ab und gingen einfach in ihrer Mitte an der Kasse vorbei. Die erste Hürde war genommen. Doch an der Tür vor dem Kinosaal stand eine HJ-Streife und machte "Ausweiskontrolle‘. Obwohl die Soldaten einen kleinen Aufstand vom Stapel ließen, mussten sie zurück zur Kasse, bekamen ihr Eintrittsgeld wieder und mussten sich den Film "von draußen” ansehen. So etwas Widersinniges: Für das Geschütz nicht zu jung, für den Film nicht alt genug.
Harald Schönemann


Die Strafarbeit 

Neben unserem Dienst, der Wache und dem Geschützexerzieren hatten wir auch noch die zivile Pflicht, in die Schule zu gehen, für das Zeugnis und für die Versetzung zu arbeiten. Wir konnten wahrhaftig nicht über Langeweile klagen. So gingen bzw. fuhren wir am Morgen von der Batterie in die Schule, um dort von unseren Lehrern unterrichtet zu werden. (Wir gehörten zum 2.Schub MH.s) An einem Tag hatten wir zu dritt keine Lust auf Unterricht und Schule. Wir hatten uns vorgenommen zu schwänzen. So ließen wir Schule, Schule sein, strolchten in der Stadt umher und schlugen die Zeit tot.
 
Aber wie es sein soll, treffen wir unterwegs unsern Ausbilder in der Batterie, den Obergefreiten Kähler. Woher er so plötzlich kam, wussten wir nicht. Hatte er uns gesehen? Wir machten uns dünn und verschwanden. Am Nachmittag, als wir wieder in die Batterie kamen, erfuhren wir: "Er hatte uns gesehen". Denn er hatte bereits Meldung gemacht.
 
Am nächsten Morgen beim Appell mussten wir vortreten. Wie begossene Pudel standen wir da, und vor der ganzen Batterie wurde verkündet, dass wir die Schule geschwänzt hatten. Ein verstecktes Gelächter war die Antwort bei den Artilleristen. Vom Batteriechef erhielten wir eine Verwarnung (..er soll dabei geschmunzelt haben), vom Obergefreiten Kähler gab es eine Strafarbeit, die wir dann auch zur Kontrolle vorzeigen mussten.
 
Die Verwarnung ließen wir ja noch gelten. Aber die Strafarbeit a la Schule war doch zu viel. Wo waren wir denn eigentlich? 
Harald Schönemann


Nicht nur das Schießen, sondern auch das Rauchen lernen.

Unsere Ausbildung am Geschütz war oftmals recht humorvoll, denn die Munimänner waren die Russen, die „freiwillig“ in der Batterie Dienst taten. Neben vielen kleinen sprachlichen Missverständnissen, erlernten wir die ersten Brocken der russischen Sprache.
Ich habe am 4.Geschütz zum ersten Mal geraucht. Und das kam so: Als Seitenrichtnummer musste ich nach den gegebenen Werten mit dem Zweizeigersystem beide Zeiger in Deckung halten und so das Geschütz der Seite nach schwenken. Wenn wir schossen, musste ich durch den dabei entstehenden Pulverrauch immer kräftig husten. Mein Geschützführer meinte: Einem Raucher würde das nichts mehr anhaben können. So wurde ich Raucher.
Harald Schönemann


Das gestörte Bad 

Es war ein wundervoller Sommertag. Wir hatten Hochwasser und die Möglichkeit zum Baden vor der Haustür. Mit Erlaubnis verließen wir Marinehelfer der Freiwache durch das Nordtor die Batterie um am Strand zu baden. Da das Watt bei der Kugelbake sehr flach ist, mussten wir einige 100 m laufen, um schwimmen zu können. Wir tollten herum, bespritzen uns gegenseitig und warfen mit Schlick, Plötzlich hörten wir in unserem übermütigen Spiel die Batteriesirene, die auf dem Leitstand war. Es war Alarm. Wir machten kehrt, liefen die Strecke zum Strand durch zum Teil knietiefes Wasser, dann durch das Nordtor und in unseren nassen Badehosen an die Geschütze oder an den Leitstand. Dort standen wir mit weichen Knien und froren, aber wir hatten Glück. Nach kurzer Zeit stand fest, dass die feindlichen Flugzeuge abgedreht waren. Wir konnten danach schnell in unsere Baracke und uns anziehen. Bei dem kurz darauffolgenden Alarm erfuhren wir, dass der erste Tagesangriff auf Hamburg geflogen worden war.
 
Der Batteriechef ordnete nach diesem Vorfall an, dass in Zukunft ein Feldtelefon mit langem Kabel mit an den Strand genommen werden musste. Zwei Mann sollten die Verbindung zum B.Ü.-Raum (Befehlsübermittlungsraum) halten. Im Bereitschaftsfall konnte man so die Badenden zurückrufen, nicht erst bei Alarm durch die Sirene.
Harald Schönemann


Marinehelfer müssen Kartoffeln schälen

Hilfsarbeiten für die Küche wurden eigentlich von den Russen erledigt, an einem schönen Sommertag wurden wir Marinehelfer jedoch als Kartoffelschäler eingeteilt. Zunächst waren wir sehr verärgert darüber, daß wir nun neben unseren üblichen Aufgaben wie Schulbesuch, Schularbeiten, Exerzieren, Stube aufklaren, bei Alarm am Geschütz oder Gerät stehen usw. auch noch für die ganze Batterie den riesigen Berg Kartoffeln schälen sollten. Aber, Befehl ist Befehl. Da haben wir die Sache eben mit Humor genommen. 
Wir saßen mit unserem Kartoffelberg auf dem Hof direkt vor der Küche. Hier kam uns die Idee, daß wir uns mit einem netten Gesang rächen wollten. Wir stimmten das schöne Lied an:
 
"Ein Hund schlich in die Küche und stahl dem Koch ein Ei.
 
Da nahm der Koch den Löffel und schlug den Hund zu Brei.
 
Da kamen viele Hunde und gruben ihm ein Grab.
 
Sie setzten ihm "nen Grabstein, worauf geschrieben stand:
 
Ein Hund schlich in die Küche usw......
 
Nachdem wir diesen nimmer endenden Text wohl 30mal schön monoton gesungen hatten, gab es ein fürchterliches Donnerwetter. Der Küchenchef,Maat Max Mattäus (der spätere Spieß) stürzte mit hochrotem Kopf aus der Küche, während er sich mit angewinkelten Armen vor uns aufbaute, wurde sein ohnehin schon beträchtlicher Leibesumfang noch gewaltiger und aus seinem Mund quollen recht lautstarke Worte wie: "Aufhören!*....."wahnsinnig geworden!"...... und dergleichen mehr.
 
Wir hatten alle Mühe,uns das Lachen zu verkneifen, unser Ziel hatten wir auf diese Art erreicht. Anschließend haben wir die stupide Melodie nur noch gesummt. Was davon übrig blieb, ist eine schöne Erinnerung an diese Begebenheit. 
H.J.St. 


Der Angriff am 11.06.1943 hatte für den Marinehelfer Karl-Heinz H. ergreifende persönliche Folgen. Er berichtet dazu:

Freitag vor Pfingsten 1943 wurden wir "an der Post" wie wir sagten, weil wir "Adolt-Hitler-Platz " vermeiden wollten, total ausgebombt. Unser Haus stand gerade eben noch, war aber schwer beschädigt und musste daher sofort vollständig geräumt werden. Meine Familie flüchtete zu den Großeltern nach Heiligenstadt/Eichsfeld. Kaum waren wir dort angekommen, erreichte mich die Dienstverpflichtung, ich wurde als Marinehelfer nach Cuxhaven eingezogen. Zu der Zeit war ich 15 Jahre alt. Erst am 29.06. wurde ich 16. Vor uns hatte es schon 2" Generationen " von MH, wie man uns kurz nannte, gegeben, es waren zwei Klassen aus der Mittelschule. Gegen Ende unserer MH-Zeit kam dann die 4.Generation der Flakhelfer in die Batterie. Sie waren zunächst in der Besatzung eines Eisenbahnflakzuges gewesen und bei einem Einsatz furchtbar zusammengebombt worden. Weiter erinnert sich Karl-Heinz H:
 
"MH" war eine beschönigende Bezeichnung für "Soldaten", denn die mussten wir nach unserer abgeschlossenen Ausbildung vollständig ersetzen, ebenso wie die "Helferinnen" an anderer Stelle. Anfangs hatte man sie "Blitzmädchen” genannt, weil sie nur Telefon- und Funkdienst tun sollten, aber dann doch an den Flak Leitstand kamen, und wir an die Geschütze.
 
Die eingezogenen Marinehelfer, zum größten Teil Schüler aus den Cuxhavener Schulen, wurden auf die verschiedenen Batterien, die um Cuxhaven lagen verteilt. Im Wesentlichen an die "Drangst", an "Altenbruch” und an die "Kugelbake". Ich kam zum Glück zum Fort Kugelbake, eine seit 1869 errichtete Festung, teils recht romantisch aus rotem Backstein mit unterirdischen Gängen und Kasematten, sehr gepflegten Gartenanlagen, und gemütlichen Unterkünften und eigentlich alles wesentlich besser als ein ausgebombtes "zu Hause". Und vor allem gab es ja bei der Marine die bekannte sehr gute Verpflegung.
 
Zu Weihnachten 1940 waren laut Liste noch 356 Soldaten ‚aktive Marineartilleristen, in der Batterie gewesen. Zu unserer Zeit waren (nach dem Foto) noch 49 Soldaten, 40 Marinehelfer und 16 Marinehelferinnen, Frauen und Jungen deutlich in der Überzahl. Wir "halfen" also nicht nur, sondern ersetzten die Soldaten und das gleich (fast) sechsmal (356 - 49 zu 56). Dazu hatten wir auch kriegsgefangene Russen in der Batterie (natürlich nicht mit auf dem Bild), die nicht nur Kartoffeln schälten oder den Hof fegten, sondern wie wir. An den Kanonen standen, als Hülsenfänger oder Muni-Männer, Genfer Konvention hin oder her.
 
Den Befehl hatte der Batteriechef im Range eines Oberleutnants oder Leutnants, das wechselte. Flakleiter war ein Oberfeldwebel. Die Russen beaufsichtigte Schünemann, ein Stabsfeldwebel. Gegen Ende kamen noch einige alte "Feldwebel" dazu, die reaktiviert worden waren und schon am ersten Weltkrieg teilgenommen hatten.
 
Ein Feldwebel war Gorsky, von dem man sagte, er sei von der Societas Jesu, jedenfalls ein Intellektueller. Hauptfeldwebel (oder Spieß, wie sie überall genannt wurden) war Max Matthäus, ein gelernter Kaufmann aus Hannover, typisch in seiner Arroganz (stets das Büchlein zwischen dem ersten und drittem Jackenknopf): "Ich weiß und kann alles!".
 
Im Ganzen empfing uns eine eher heitere Stimmung, kein martialischer Kommißton .Das war sicher auch dem Batteriechef ‚Friedrich Kolander, einem Schauspieler‚ zu verdanken. Er schauspielerte auch vor der Kompanie (Bohemien" oder "laisser faire" wären bestimmt übertrieben gewesen.), aber der häufige Besuch seiner, hochblonden-Frau (auch Schauspielerin) dämpfte die kriegerische Atmosphäre. So fuhren wir nicht allzu schlecht dabei.
K.H.H.


Die Russen

Als wir ankamen, waren die Russen schon da. Das heisst ca.25 Mann wohnten im Russenbunker, der nachts mit einer Stahltür und Vorhängeschloss von ihrem Aufseher, Stabsfeldwebel Schünemann verschlossen wurde. Tagsüber sah man sie häufig Kartoffeln schälen, Munition trimmend, in der Küche Abwasch machend.... Sie hatten eine relative Freiheit innerhalb der Festung, besonders der "Schuster* in seiner Baracke. Wenn man die Russen nach ihrem Beruf fragte, sagten sie übereinstimmend: "Bauer", dagegen stehen zwei Erlebnisse.
 
An unserem Geschütz hatten wir den kleineren der beiden Iwans (mit Namen). Wenn Flakalarm und nichts weiter los war, pflegten wir Marinehelfer im Geschützstand Hausaufgaben zu machen (weil wir ja nebenbei auch noch Schüler waren). Einmal hatte ich Englisch zu lesen auf und sprach „fruit“ falsch aus (fruit!) Iwan berichtigte mich spontan: frut! Also konnte er Englisch!
 
Ein andermal hatte ich chemische Formeln zu entwickeln. Iwan guckte mir über die Schulter und als ich einen Fehler machte‚ nahm er wortlos die Kreide und schrieb an den Deckenschutzschild die richtige Formel. Also Chemiker? Nein: Bauer!.
 
In ihrer Freizeit bastelten die Russen Spielzeug, die bekannten russischen Vögel, aus zwei kurzen Leisten, die sie kreuzförmig zusammensetzten, dann an den Enden sehr fein spalteten und bemalten. Wahrscheinlich haben sie sie in der Batterie gegen Lebensmittel vertauscht. Leider habe ich versäumt‚ mir einen davon zu sichern.
 
Wie sie in die Batterie gerieten, bleibt im Dunkeln. Möglicherweise nur, um der öde und den Gefahren des Gefangenlagers zu entgehen. Jedenfalls waren sie jetzt der "Zusammenarbeit mit dem Feind" schuldig. Eines Tages kam eine Abordnung des russischen Generals Wlassow (..er selbst dabei?) und warb für den Eintritt in die deutsche Wehrmacht. Da machten unsere Russen ihren schwersten Fehler. Obwohl sie um die Lage wissen mussten (flogen doch am helllichten Tage manchmal mehrere Hundert „Flyging Fortress“ zwischen Cuxhaven und Bremerhaven (damals Wesermünde) vor unseren Augen nach Deutschtand hinein) willigten sie ein. Als ich eines Tages im Kino (Gloria Palast) war, saßen eine Reihe vor mir zwei Soldaten in deutscher Uniform, die sich aber russisch unterhielten. Es waren "unsere" beiden Iwans. Ich befürchte, daß nicht ein einziger dieser netten Männer die erste Nachkriegszeit überlebt hat.
 


Thema: "Filmabend"

Ich meine zu erinnern, daß jede Woche freitags Filmabend war. Nicht jeder Film aber war "jugendfrei" und deshalb "flogen" wir Marinehelfer, obwohl wir doch Männerdienst taten, regelmäßig nach der Wochenschau und dem Kulturfilm raus. Den Soldaten war das sicher ganz lieb, weil sie dann mit den Helferinnen ohne "Konkurrenz" im Dunkeln sitzen konnten. Uns wurmte das natürlich und es gab im Bunker lautstarke Diskussionen darüber. Eines Tages wurde ich von den Kameraden dazu ausersehen, mich beschwerdeführend an die Polizei zu wenden.
 
Wir hatten aber dabei nicht bedacht, daß die den Schriftsatz über den Abteilungskommandeur an den Batteriechef zurücksenden könnte. So kam es dann, daß ich bei der nächsten Musterung vor die Front gerufen und zum "Rapport“ befohlen wurde. Mit großem Anzug, Stahlheim und Gasmaske musste ich mich beim Batteriechef melden. Der wohnte in der Baracke über der Schreibstube (in der der Hauptfeldwebel lauerte). Die Wände einer Baracke sind sehr dünn.
 
Ich meldete mich also: "Marinehelfer P. meldet sich zum Rapport!“ Darauf donnerte mich der Batterichef lautstark an und winkte mich gleichzeitig auf einen Stuhl, der vor seinem Schreibtisch stand. Als ich Platz genommen hatte, deutete er nach unten und machte Zeichen gegen seine Ohren. Dann donnerte er wieder los und sagte gleich darauf leise: "Nehmen Sie doch den Helm ab". Dann wieder Theaterdonner, den er ja als Schauspieler gut beherrschte. Danach leise: "Wollen Sie eine Zigarette?" Wieder Donner! und: "Ich kann Sie ja gut verstehen, aber das nächste Mal kommen Sie gleich zu mir.” Wieder Donner und ich war entlassen.
 
Der Spieß Matthäus unten musste "alles" mitbekommen haben. Die militärische Ordnung war wieder hergestellt worden. Für den Wiederholungsfall war mir übrigens Karzer angedroht worden. Genutzt hat alles nichts; die Soldaten blieben mit den Heiferinnen allein... Liebschaften habe ich dennoch nicht bemerkt.


Der Gänsehirte

Kaum zu glauben, aber wahr. Mitten im Krieg tat ein Soldat nichts anderes als morgens seine Gänse aus dem Bunker zu holen, sie am Deich zu weiden und bei 17 Uhr wieder in ihren Stall zu führen. Er war ein einfacher Knecht oder Bauer aus Süddeutschland und ein wenig seltsam. Wir hatten wenig Kontakt mit ihm.

Sicher musste er aber bei "Flakalarm" (unser Signal: Die Geschützrohre wurden hochgedreht.), wenn die Stadt noch längst keinen Fliegeralarm durch Sirenengeheul hatte, vom Deich zurückkommen, aber wahrscheinlich entsprechend langsam. Auch wir‚ wenn wir Freiwache hatten und vielleicht zum Baden an den menschenleeren Strand gegangen waren, mussten durch die kleine Pforte am Scheinwerferstand schnellstens zurückkommen. Ich auch einmal von einem Rendezvous mit einem Mädchen, das auch noch prima Kuchen mitgebracht hatte.

Wo der Gänsehirt im Einsatz war, habe ich vergessen, vielleicht musste er nur die Tiere beruhigen. Einmal im Jahr (im Advent) gab es dann für alle Gänsebraten satt. Ich erinnere mich, daß er mir einmal im BÜ-Raum (Telefonzentrale) serviert wurde, weil ich dort gerade Dienst hatte. 
K.H.H.


Das Batteriefest

Einmal im Jahr wurde ein Batteriefest gefeiert. Der Saal, der Gemeinschaftsraum waren mit Papierschlangen dekoriert. Es gab Gutes zu essen (obwohl es uns jeden Tag, weil wir bei der Marine waren, essensmäßig überhaupt nicht besser gehen konnte. Manchmal nahmen wir sogar heimlich "Reste" mit nach Hause. Lebte man doch da nur von "Marken" (Lebensmittelkarten=Zuteilungen).
Aber das Trinken, natürlich bekamen wir Jungen weder Bier noch Schnaps. So hatten wir verabredet, "Jeder bringt mit was er hat" und es kamen Bier, Korn, Weinbrand, Sekt...., was damit tun? Als wir vielleicht gegen 22 Uhr aus dem Saal "geflogen" waren, nahmen wir die große Kaffeekanne und schütteten alle Alkoholitäten die wir hatten hinein, rührten um und dann.... Es schmeckte uns herrlich. Aber wir waren das Teufelszeug nicht gewohnt und gingen furchtbar blau in die Koje. Es kam wie es kommen musste: Nachts Alarm!! Ich weiß noch sehr gut wie ich mich die große Holztreppe, die zu den Geschützen führte, hinauf mehr gezogen habe, als daß ich gegangen wäre. Wir mussten auch schießen. Die einzigen die nicht "voll" waren, waren die Russen (Munitrimmer und Ladekanoniere), wir MHs halb blau, die Soldaten waren ganz ausgefallen. Die "Feinde" am Himmel werden sich gewundert haben, wohin wir schossen... 
K.H.H.


Der Test

Unser Batteriechef Oberleutnant Friedrich Kolander, mit bürgerlichem Namen Kohlhase, war im Zivilberuf Schauspieler (Nach dem Kriege spielte er im TAT, Frankfurt/M.). So sah er auch aus und vor allem konnte er sich auch so verhalten. Welcher Batteriechef würde sonst wohl vor der versammelten Mannschaft bei der Musterung im Batteriehof ein Gedicht rezitieren und dann fragen: "Holzleitner, von wem ist das? "Worauf H. antwortete: "Weiß nit, Herr Oberleitnant!". Er war ein einfacher Mann aus Süddeutschland und Kolander strahlte: "Von mir!" Weil das so war, hatte er von der Abteilung den Auftrag bekommen, jede Truppenbetreuungsvorstellung, die sich für den Raum Cuxhaven angemeldet hatte zu testen.
Da gab es dann neben hervorragenden auch manch schwache Leistung, die wir dann mit entsprechendem Gelächter quittierten. Die Durchgefallenen durften dann in den anderen Batterien der 4.MAA nicht auftreten. Einmal war Kolander nicht anwesend, ihn vertrat ein sehr junger Leutnant. Irgendein Fachmann wollte einen Dia-Vortrag über RUBENS halten. Der Leutnant begrüßte ihn auf der Bühne und setzte sich dann auf seinen Platz in der ersten Reihe. Dann ging das Licht aus, bereits bei den ersten Bildern in der Dunkelheit schlief unser "Reservechef” ein und wachte erst wieder auf, als unser Beifall dem Vortragenden dankte. Der Leutnant schoss auf die Bühne und dankte dem Redner mit bewegten Worten für den Vortrag über REMBRANDT! Wieherndes Gelächter im Saal.
K.H.H.

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